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Zsuzsa Bánk:
Die hellen Tage

Wieder ein besonderer Ort, an dem am 6. Mai gelesen wurde: Das 1893 fertig gestellte Schloss Friedrichshof, Wohnsitz der Kaiserin Victoria und heute 5-Sterne-Luxushotel Schloss Kronberg.

Sonja Vandenrath stellte in der schönen Bibliothek mit den Folianten aus Kaiserins Zeiten hinter Glas, den Gemälden an den Wänden, dem Kamin und einem 16-armigen Kronleuchter die Schriftstellerin Zsuzsa Bánk vor, deren zweiter Roman, „Die hellen Tage“, im Mittelpunkt des Spätnachmittags stand.

Das Buch, ein Blick auf eine arretierte Zeit, auf einen einzigen großen Raum, lotet aus, wann ein Kind den Schutz dieses Raums verlässt.

Ein wenig seltsam ist es dann schon, in diesem Ambiente von einem heruntergekommenen, einer Bruchbude ähnelndem Haus zu hören, das notdürftig von Draht und Brettern zusammengehalten wird – aber ein Paradies für Kinder ist.

Zsuzsa Bánks Stimme lässt das wogende Korn in flirrender Sommerluft nachempfinden, die Autorin beteiligt ihre Zuhörer, lässt sie teilhaben an einer wunderbaren und bedingungslosen, schwärmerischen Mädchenfreundschaft zwischen Aja und Seri. Ajas Vater, der Zirkusartist Zigi, taucht sporadisch auf, ist zehn Monate lang abwesend, verzaubert das Dorf und die Kinder, wenn er da ist. In einem Jahr für einen ganzen Sommer, zusammengesetzt aus lauter hellen Tagen. Wie aber verkraftet Aja dann den Abschied?

Als der Junge Karl zur Mädchenfreundschaft hinzukommt, entsteht eine empfindliche Dreierbeziehung.

Der süddeutsche Ort Kirchblüt, in dem die Geschichte spielt, „steht für etwas Anderes, er ist mehr als ein Ort“, erläuterte Zsuzsa Bánk. Es geht im Roman auch um Kinder, die ihren Aufbruch nicht zu Ende bringen.

„Wann kommt das nächste Buch?“, will jemand aus dem Publikum im Anschluss an die Lesung wissen. Zsuzsa Bánk antwortet: „Ich schließe gerade meine Lesereise ab, habe drei Jahre an diesem Roman gearbeitet. Aber ein weiteres Buch habe ich schon angefangen und bitte um Geduld.“

Die Männer, so stellte ein Zuhörer fest, kommen im Roman schlecht weg. Warum?

Die Autorin ist da anderer Meinung: „Auch Frauen kommen nicht wahnsinnig toll weg. Und meine Lieblingsfigur ist ein Mann, Karls Vater.“ Es gebe kein Schwarz und Weiß, keine durchweg guten oder schlechten Charaktere, es ist vielmehr ein Figurenensemble. Wo aber kommen die Figuren her? „Sie sind alle erfunden, und zwar so, dass ich es gut mit ihnen aushalten kann, wenn ich schreibe“, antwortete Zsuzsa Bánk.

Der Gegensatz zwischen der im Buch beschriebenen Hütte und der Location der Lesung bildete sich auch noch im Wetter ab: In der Bibliothek fühlte man sich in heiße Sommertage versetzt, nach Abschluss der Veranstaltung erwartete kühler Regen die Besucher im Schlosshof. Abrupt war man wieder in der Gegenwart.

Schloss Kronberg: beeindruckend
Die Bibliothek
Das Publikum nimmt Platz
Autorin Zsuzsa Bánk
Zsuzsa Bánk im Gespräch mit Sonja Vandenrath
Christoph und Patrick Fischer kümmerten sich um den Kartenverkauf