Annette Pehnt:
Chronik der Nähe
Im schönen, durch zwei hohe Fensterwände lichtdurchfluteten Eckzimmer der BHF-Bank sprachen am Donnerstag, 3. Mai, die Autorin Annette Pehnt und die Leiterin der Museen des Deutschen Literaturarchivs Marbach, Heike Gfrereis, über Beziehungen zwischen Müttern und Töchtern.
Sonja Vandenrath wünschte vorab in ihrer Begrüßung den leider nicht so zahlreichen Zuhörern „zwölf schöne Festivaltage“.
Annette Pehnt erzählt in „Chronik der Nähe“ ununterbrochen von Gefühlen, ohne sie zu benennen. Damit scheint das Festivalmotto „Lakonie und Leidenschaft“ perfekt auf sie zugeschnitten zu sein.
In ihrem Roman schildert sie in Selbstgesprächen, die auf zwei Ebenen jeweils zwischen Großmutter und Mutter sowie Tochter und Mutter stattfinden, die schwierigen Beziehungen zueinander. Heike Gfrereis spürte beim Lesen den Sog der Stimme bei gleichzeitiger Redeverweigerung des jeweiligen Gegenübers.
Annette Pehnt versucht in ihrem Buch, eine – eigentlich zwei – Mutter-Tochter-Beziehung(en) ohne Dialog, aber mit Sprache darzustellen. Sätze wie „Ich liebe dich“ sind dabei zu groß. Vielleicht überhaupt zu groß, um halten zu können, was sie versprechen.
„Ich stelle die Figuren außerhalb von mir auf, um die Dinge durchzuspielen“, beschreibt Annette Pehnt ihre Arbeitsmethode. Und: „Ich lese auch beim Schreiben gern laut.“ Ist ein Überschuss an Sprache dann lakonisch? Der Begriff trifft eher auf den Rahmen der Monologe oder gedachten Dialoge zu; schlichte Bilder brechen mögliches Pathos.
Die Autorin gesteht, dass in diesem Buch erstmals Gefühle wie beispielsweise Angst benannt werden. „Das habe ich sonst genau beschrieben, ohne den Begriff zu verwenden“, erklärt sie. „Ich brauche Kapseln für diese Gefühle.“ Nur so war es möglich, „das große und merkwürdige Thema Mutterliebe“ zu fassen. Sie habe beim Schreiben „sehr viel herumgebastelt mit dem Text“. Ziel des Arbeitens ist für Annette Pehnt auch, mehr über sich zu wissen.
„Nimmt sich Annette Pehnt beim Scheiben auseinander und setzt sich dann neu zusammen?“, fragt Heike Gfrereis und stellt gleichzeitig fest: „Sie wirken nicht so!“ Annette Pehnt: „Sie sehen die Nahtstellen nur nicht. Hinterher hat sich alles ein bisschen verrückt.“
Die Männer fehlen im Buch, bemerken vor allem die männlichen Zuhörer. Aber die passten nicht mehr hinein, weiß die Autorin.