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Frühlingsorakel
Liedertafel mit Goethe,
Monika Rinck,
Christian Filips
und Franz Tröger

Bevor im schönen Seekatz-Saal des Goethe-Hauses in Anwesenheit der Hausherrin Anne Bohnenkamp-Renken eine ganz besondere Liedertafel begann, begrüßte Sonja Vandenrath die Besucher zu dieser Abschlussveranstaltung von literaTurm.

Die Leiterin und Programmgestalterin konnte nach diesem zwölftägigen Fest ein positives Resümee ziehen: überwiegend ausverkaufte Veranstaltungen, ein begeistertes Publikum, anregende Diskussionen unter dem Festival-Motto „Lakonie und Leidenschaft“, das natürlich auch an diesem letzen literaTurm-Abend eine Rolle spielte.

Dass nicht nur Literatur, sondern auch Musik Speicher für Gefühle sind, zeigten Monika Rinck, Christian Filips und Franz Tröger auf ihre ganz eigene Art und in außergewöhnlicher Kombination, an diesem Ort stets des großen Dichters eingedenk.

Der „Kuckuck“ wurde besungen, ein Lied aus dem großen weiß-leinenen, mit der Goldprägung „Das Erbe Deutscher Musik“ versehenen Buch, das an diesem Abend noch oft aufgeschlagen werden sollte.

Das Frühlingsorakel wurde nun aufgeklärt: Die Künstler hatten Blumen unter den Stühlen versteckt, sie dienten fortan der Programmgestaltung der eigenwilligen Liedertafel. Apropos: Die Wurzeln liegen in der Zelterschen Liedertafel, gegründet am 24. Januar 1809 in Berlin.

Ist heute noch Zeit für solch gesellige Runden? Steht nicht die Arbeit im Vordergrund? Das jedenfalls besagt ein deutsch-englisch-niederländisches Kauderwelsch am Laptop, vorgetragen von Christian Filips. Und welche Rolle spielt die Liebe? „Man gibt, was man nicht hat, um zu erhalten, was man nicht braucht“, lautete die sehr lakonische Erklärung.

Eine in eine See-Anemone verzauberte Gerbera leitete zum nächsten Vortrag: Schäfers Klagelied, der Goethe-Text zunächst gelesen (falls jemand ihn vergessen hatte), anschließend musikalisch in Szene gesetzt mit Drehorgel, Donnertrommel und Gesang.

Warum Marx im Frühling zur Belastung wird, erfuhr das Publikum aus den Schriften von Gert Mattenklott.

Vom doppelten Frühling und dem Französischen Revolutionskalender war anschließend die Rede, Gelegenheits-Gedichte und -Romane – dargestellt mit Hilfe einer „Pack mich!“-Kiste aus dem Baumarkt, in die sich Monika Rinck fast akrobatisch verkroch, Allegorien auf den klassischen Romans und im Unterschied dazu auf den Nouveau Roman, die Benennung unklarer Gefühlslagen, die unweigerlich zu vorsprachlicher Lautpoesie führten, brachten die Zuhörer zum Lachen und Applaudieren.

Im Parforce-Ritt ging es von Goethes Mandarinen, vertont von Franz Tröger, zu Scardanellis (alias Friedrich Hölderlin) Frühlingsgedichten, stets mit 24. Mai datiert, über Löwenmäulchen zu Adorno und den zwei Hasen.

Dem Lied vom „sich begnügen“, begleitet von einem zwei Meter langen Lochtonstreifen auf der Drehorgel und Keyboardspiel – eine sportliche Herausforderung für Franz Tröger, der zwischen den Instrumenten wechselte – folgte das Blumenorakel Rose aus dem Publikum. Gemahnt uns der Frühling nicht auch ans Sterben? Der zweite Frühling dagegen imaginiert eher Nichtsterblichkeit.

Die deutsche Fassung von Jaques Brels „Le dernier repas“ beendete diese etwas andere Liedertafel. Das Publikum forderte mehrere Zugaben, Monika Rinck, Christian Filips und Franz Tröger freuten sich über die große Begeisterung für ihr Programm.

Ein wahrlich gelungener Abschluss des Literatur-Festivals, der die Besucher mit einem Lächeln im Gesicht entließ.  

Monika Rinck, Christian Filips im Seekatz-Saal
Christian Filips mit Orakelblume
Monika Rinck und Chrstian Filips
Franz Tröger
Monika Rinck mit sonderbarem Kostüm